Sábado, 18. Agosto 2012
Eingewöhnungsphase
Hab mich mittlerweile hier ganz gut eingelebt. Ist auch nicht schwer, wenn tagsüber immer die Sonne scheint (ca. 25°), kann man auch den ganzen Tag in kurzer Hose und kurzem T-Shirt herumlaufen. Zur Hose später mehr.

An der Uni besuche ich zurzeit nur zwei Kurse. Das war schon vorher so geplant, da ich nach meinem Bachelorsprint unbedingt mehr Freizeit brauche. Die Vorlesungen sind ähnlich wie in Deutschland, ich verstehe nur viel weniger. Der Übungsbetrieb ist anscheinend viel weniger ausgeprägt als in Dortmund. Dadurch bleibt aber auch mehr Zeit um beispielsweise in ein Buch zu schauen, wenn man Lust hat und sich in Themen etwas selbstständiger einzuarbeiten (z.B. wenn man die Vorlesung nicht so gut versteht ;)).

Das Essen ist hier gut, es gibt an der Uni Essen für 80 ct. Der Nachteil davon ist, dass es jeden Tag Reis, Bohnen, Salat + wechselnde Beilage gibt. Also keine oft wechselnden Gerichte. Zum Glück gibt es aber immer auch eine vegetarische Beilage, so dass ich fleischlos leben kann. Vegetarismus ist hier nicht stark verbreitet, in der Stadt gibt es viel Churrasquerias, die nur fleischhaltige Nahrung anbieten. Hauptgericht ist Feijoada, was neben dem standardmäßigem Reis und Bohnen noch alles mögliche vom Schwein enthält (z.B. Schweineschnauze). Das Gericht ist in den Favelas entstanden, die alle Fleischreste von den Reichen zu einem neuen Gericht verwerteten.

Sportlich betätige ich mich jetzt auch, ich spiele Fußball bei der Fakultätsmannschaft. Bisher habe ich nur wenige Unterschiede in der Spielweise festmachen können, vielleicht müsste ich dafür eher in einer Favela spielen.

Gestern ist mir beim Waschen ein Unglück passiert. Hatte ein Waschmittel in der Hand, und hab es in die Waschmaschine zusammen mit meiner Wäsche gegeben. Das Ergebnis ist auf dem Foto zu sehen.

gebleichte Hose

Anscheinend benutzen sie starke Bleichmittel für alle möglichen Waschvorgänge (vielleicht nicht unbedingt zum Waschen). Zum Glück ist nur die Hose teilweise gebleicht worden und ich habe sie jetzt komplett gebleicht, so dass ich jetzt eine gelbe Hose erhalten habe.

Ein weiteres Thema ist hier Bürokratie. Für einige Vorgänge benötigt man CPF, eine spezielle Nummer für jeden Menschen. Um diese zu erhalten muss man jedoch zu allen möglichen Ämtern rennen und viele Sachen erledigen, was mich dann doch eher abgeschreckt hat.
Zum Beispiel um ein Handy zu aktivieren benötigt man diese Nummer (warum auch immer...). Zum Glück gibt es im Internet einen Generator der einem solche Nummern erzeugt. Beim Einkaufen benötigt man diese Nummer auch immer, um irgendwelche Gutschreibungen zu bekommen. Überzeugend ist dieses System für mich nicht, finde es sehr umständlich.
Leute, die ein Visa haben werden mit einem Gang zu einer speziellen Polizeistation getriezt. Zum Glück konnte man das auch am Flughafen erledigen, weshalb mir das lange Warten erspart bleibt.

Preislich gesehen ist hier kaum ein Unterschied zu Deutschland feststellbar. Auch von "solidarischer Ökonomie", von der ich vorab gelesen habe, ist nichts zu sehen. Supermärkte haben auch sonntags auf. Letztendlich läuft das meiste ab wie in einer normalen mitteleuropäischen Großstadt. Habe nur gehört, dass viele Viertel in Sao Paulo ärmer sind, als die, in denen ich mich bisher aufgehalten habe. Es bleibt also abzuwarten was ich noch so entdecken werde.

Ansonsten hab ich in meinem Wohnblock ein paar interessante Leute kennen gelernt. Es gibt mehrere Leute aus Rio Grande do Sul, der ganz südlichen Region von Brasilien. Diese konfrontieren mich manchmal mit seltsamen "deutschen" Wörtern, die bei uns schon ausgestorben sind. Zum Beispiel das Wort "Schmier" für Aufstrich.
Außerdem werden dort Wörter aus dem deutschen mit dem portugiesischen vermischt. Aus "levar" (dt.: wegbringen) wird zum Beispiel "levantieren". Anscheinend scheint die Region für mich einen Besuch Wert zu sein, angeblich gibt es dort Menschengruppen wie die "Amish" in Amerika nur deutschsprachig.
Insgesamt soll es innerhalb von Brasilien sehr große kulturelle Unterschiede geben. Mal sehen.

Zum Schluss noch ein Foto aus meinem Wohnblock, um eine Idee von meiner Gegend zu erhalten. Typisch ist die Vermischung von Hochhäusern mit Einfamilienhäusern.

Blick aus meinem Wohnblock.

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